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Leben wie Gott in Bali...
Ein schwerer Start... .
Halb vier Uhr am Morgen – exakt die Zeit, zu der man sich still grummelnd selbst dafür verflucht, jemals die Idee gehabt zu haben: Sonnenaufgang auf dem Berg – das hatte man doch schon - muss das
denn sein... . Draußen ist es stockdunkel. Langsames Vortasten über den unbeleuchteten Weg von unserer Cottage zur Straße – Taschenlampen gibt es erst vom Führer, das heißt, gäbe es, denn der Führer ist
natürlich nicht da. Warten – sich still vorstellend wie schön jede dieser Minuten im Bett gewesen wäre. Der Führer kommt, sein Englisch ist ganz entgegen der Ankündigungen tendenziell nicht vorhanden. Es
beginnt ein dementsprechend schweigsamer, unbequemer, steiler Lauf durch absolute Dunkelheit. Nein, nein, nein, es braucht einen langen Anlauf, bis man anfängt zu glauben, dass eine Wanderung an den Krater des
Gunung Batur in irgendeiner Form eine gute Idee sein könnte.
Nach etwa eineinhalb Stunden erreichen wir eine von mehreren hölzernen Hüttchen am unteren Rand des Hauptkraters. Hier auf rund 1600 Metern ist es empfindlich kühl und so sorgt das Tässchen heißen Tees,
das die „Hüttenwirtin“ in diesem Fall tatsächlich ganz wie angekündigt bereithält für große Freude – auch gibt es ganz wie versprochen Sandwiches mit Ei und Schinken – eine versöhnlich stimmende Rast.
Noch ist der Horizont eine sich nur zaghaft rötlich abzeichnende Linie. Man sieht ein paar Lichter der Ortschaften im Tal und die Scheinwerferkegel einzelner Autos irrlichtern unglaublich langsam entlang der
abenteuerlichen Windungen der neuen Straße über die jüngsten Lavafelder.
Das ist unten, hier oben ist es wie gesagt kühl, so kühl, dass nicht wenige der frühentschlossenen Wanderer selbst für den Sonnenaufgang keine Lust verspüren die aneinandergedrängte Heimeligkeit des
winzigen Verschlages mit seinem kleinen Feuerchen zu verlassen. Wir kommen erst gar nicht mehr rein in die Bretter-Stube, haben allerdings auch deutlich angemessenere Kleidung als die meisten der Insassen. Mit dem
warmen Tee in der Hand verweilen wir draußen, mit einer weiteren Deutschen, den Führern und zwei netten Hunden.
Und es lohnt sich: Aus dem leichten roten Schimmer wird allmählich ein breites rotes Band vor dem sich dunkel und wolkenumspielt die Silhouetten des Gunung Agung sowie der weiter entfernt, aber dafür fast
4000 Meter aufragenden Vulkane der benachbarten Insel Lombok abzeichnen. Ruhe. Immer stärker wird das Leuchten, die Sonne bleibt aber noch hinter einem Meer von Dunst über der See verborgen – nur die Bergriesen
ragen als immer mächtigere Scherenschnitte aus dem in vielfältigen Rot-Tönen abschattierten Hintergrund heraus. Ein paar einsam rund um die Gipfel treibende Wölkchen werden von unten leuchtend angeschienen und
komplettieren so das farbige Idyll.
Dann ist es soweit: Bereits hell strahlend und sofort wärmend durchbricht die Sonne den dichten, über dem Meer liegenden Dunst.
Wie gesagt – Sonnenaufgänge hatte man schon gesehen, auch von und vor Bergen. Trotzdem, irgendwie ist es immer wieder neu und schön – so schön, dass man auch nächstes Mal wahrscheinlich wieder den
Wecker stellen wird... .
Der Thron der Götter
Im Licht der Sonne verbleibt auf dem Batur selbst nur wenig Idyllisches – aber genau das ist es, was den Weg lohnt: Zerklüftet graue, staubig Einöden mit spärlichstem Grün. Ein erstarrtes,
schwarzes, steinernes Meer – und doch nur scheinbar erstarrt. Tatsächlich braucht man nur ein-, zweimal mit dem Fuß in den Boden zu treten, schon sieht man kleine Dampfschwaden aufsteigen – das schafft
Eindruck. Scharrt man nur wenige Zentimeter tiefer verbrennt man sich beim anschließenden Tasten schon die Finger, und nur noch ein wenig tiefer kann man dann schon eine Zigarette anzünden. Weiss-schwarze Steine
knistern bei genauem Hinhören wie kleine Lagerfeuer. Der Gunung Batur lebt. Nein, das ist die falsche Perspektive, es sind die Götter, die auf ihm, in ihm und um ihn herum leben. Es sind die Götter, um die sich
in Bali alles dreht.
Im Schatten des Gunung Batur und des noch viel gewaltigeren Gunung Agung, dieser allgegenwärtigen, alles überragenden Götter-Wohnstätten, im direkten Angesicht wahrlich verheerender Allmacht haben die
Balinesen in den vergangenen tausend Jahren 20.000 öffentliche und hunderttausende privater Tempel errichtet, teils einfachste hölzerne Schreine, aber viel häufiger Ehrfurcht gebietende Monumente aus bizarr oder
auch behütend aufsteigenden Stein-, Ziegel, Terrakotta, Holz- und Stroh-Pagoden. Auf einer Insel die kaum 100km durchmisst, bedeutet dies quasi keinen Schritt tun zu können, ohne an die Wichtigkeit der Eintracht
mit den Göttern erinnert zu werden. Bali ist bis heute ein Hort zutiefst er- und gelebter Religiosität. Keine wichtige Handlung, die nicht von kleinen Opfern begleitet wird und wenn es um Großes und Wichtiges
geht, ist nichts zu edel, um nicht den Göttern dargeboten zu werden.
Weltlicher Ausfluss dieser Religiosität sind Heerscharen kunstfertiger Handwerker, Schnitzer, Steinmetze, die aufmerksam den Zeichen der Zeit folgen: Vom Götterthron zur Designerliege, von der filigranen
Garuda-Figur zum bolligen Weihnachtsmann, vom fein geflochtenen Opferschälchen zur Designerlampe, vom Götterfresko zum modernen Ölbild, es gibt wohl kaum eine bildliche Vorstellung, der Balis Künstler nicht
überzeugend Gestalt geben könnten. Wer ein Haus plant, sollte vor der Ausführung der Innengestaltung einfach einen Flug hierhin buchen - rechnet sich garantiert!
Das mit dem Buchen tun zur Zeit jedoch entschieden zu wenig Menschen. Bali leidet noch immer unter dem Bomben-Attentat 2001 in Kuta. Die aktuellen 20% Auslastung zur Hauptsaison sind ein Desaster – aber
auch für diejenigen, die nicht kommen. Denn der genannte kulturelle Reichtum Balis ist umgeben von traumhaften Über- wie Unterwasserlandschaften und üppig garniert mit einer breiten Auswahl wunderbarsten Essens.
Die niedrigen Touristenzahlen fokussieren die Verkaufsbemühungen der Straßen- und Strandhändler zwar unangenehm auf den verbliebenen Rest – das schafft aber wiederum Verhandlungsspielraum. Verhandeln muss
man. Hieß es früher als Faustregel dabei auf ca. ein Drittel zu zielen, hat man sich mittlerweile vor Ort angepasst, manchmal ist das Einstiegsangebot zehnfach überhöht. Letztlich bleibt es aber bei der
Basisregel, das zu zahlen, was einem Dinge wert sind. Empfehlenswert ist es, sich ganz am Anfang eines Baliurlaubes einen eigenen Sarong (um die Hüften geschwungenes Tuch) zuzulegen: So spart man sich viel Stress
mit den omnipräsenten Sarongverkäufern vor Tempelanlagen. Ein Anhaltspunkt zum Verhandeln noch: Das Pro-Kopf Einkommen auf Bali liegt bei unter 70 Dollar im Monat!
Zu den wirklich armen Gruppen gehören dabei die Reisbauern und Feldarbeiter – die von ihnen geschaffenen Reisterassen wiederum sind einer der größten Reichtümer der Insel. Cafes mit direktem
Ausblick auf diese bäuerlichen Wunderwerke gibt es an verschiedenen Orten und einmal Platz genommen tut man sich schwer, wieder aufzubrechen, so einmalig die Blicke, die sich einem teilweise bieten. Man sieht dabei
auch die Bauern, wie sie barfuss Reparaturarbeiten ausführen - unsere Ayi Jiang Mei aus Anhui hat uns erzählt, wieviel Angst sie früher bei der Reisernte vor Schlangen hatte. Die meisten Freunde kümmerten die
allgegenwärtigen Kriechtiere nicht, sie dagegen wurde ihre Angst nie los, auch deswegen sei sie in die Stadt gegangen. Die Arbeit sei besser, und verdienen würde sie sowieso besser, nur müsse sie sich in der
Stadt ständig mit einem Maß an Reichtum auseinandersetzen, dass daheim nie Thema war. Das falle ihr schwerer als erwartet. Was wohl die Balinesischen Bauern über die Touristen in den Cafees denken mögen,
die mit hochgelegten Füßen auf ihr Tagwerk schauen. Nimmt man die landauf wie landab wirklich herzlichsten Begrüßungen zum Maßstab, noch wohl eher Positives.
Bali kann man auf unterschiedliche Arten und Weisen erobern. Wir wählten entweder Auto mit Fahrer (20-40$ am Tag) oder das Moped (100ccm Scooter, 3-4 Dollar). Bei letzterer Alternative muss man höllisch
vorsichtig sein. Der (Links!!-)Verkehr ist dicht und mäßig reglementiert. Für das Motorrad spricht neben dem schlichten Spaß jedoch, dass es kaum eine flexiblere Fortbewegungsvariante gibt: Man ist vergleichbar
schnell wie ein Auto, kann auch kleinste Seitenwege nutzen, in JEDEM Restaurant einkehren (und nicht nur in dem des Onkels der Tante des Fahrers...) und als Parkplatz genügen weniger als zwei Quadratmeter.
Von Tempeln, Tänzen und Delfinen
Erstes Bali-Erlebnis ist die Landung: Denpasars Flughafen liegt direkt am Meer und man ist sich lange nicht ganz sicher ob man nicht doch auch direkt in demselben landet. Einmal angekommen ließen wir die
bekannten Massenziele Kuta und Legian im wahrsten Sinne des Wortes links liegen und steuerten als erstes Sanur an. Ein Reiseführer meint anmerken zu müssen, dass dieses eher der Ort für die älteren Semester sei.
Wenn ruhige Erholung tatsächlich dem Alter vorbehalten sein sollte, dann nehmen wir diese Form der Frühverrentung dankbar an. Uns gefiel es sehr: Gepflegte Unterkünfte, schöner Strand, gutes Essen.
Von Sanur aus starten wir eine kleine Rundreise:
Erstes Ziel ist der Bratan-See, ein berühmtes Seeheiligtum, umgeben von einer Parkanlage in der sich auch höchst weltliche Vergnügen wie Kartenspiel und Schlangenfotos finden lassen. Die zum festlichen
Anlass des gemeinsamen Gebetes angelegten traditionellen Gewänder der sich im Park vergnügenden Balinesen verbunden mit der schlicht schlagend-offenen Freundlichkeit aller Menschen die wir hier treffen
machen diesen „Picknickrummelplatz“ einen bunt-entspannenden Spaziergang wert.
Das Heiligtum selber wiederum entzieht sich, sowohl ob seiner im Verbund mit See und Bergen einmalig schlichten Schönheit, als auch ob der intensiven Gebetsaktivitäten nachhaltig jeder Anwandlung von
„Rummel“. Daher wachen Ordner auch unauffällig aber im Zweifelsfall sehr bestimmt darüber, dass man als Tourist wirklich keine entweihenden Wege wählt – hier ist die klare Grenze der Kommerzialisierung.
Am selben Tag noch fahren wir weiter zu den schwarzen Sandstränden von Lovina. Hier sorgen Schnorchelgänge vom wildromantischen Auslegerboot , die ebenfalls mit diesen Gefährten zu bestaunenden Scharen von
Delfinen, allabendliche Sonnenuntergangssinfonien in Rot, Landausflüge mit dem Motorrad sowie das bis zum Schluss unseres Urlaubs ungeschlagene Restaurant „Barclona“ in der Kalibukuk für wirklich
allerbeste Urlaubsstimmung.
Nach diesem maritim und kulinarisch geprägten Höhepunkt geht es zurück in die Berge, Richtung Gunung Batur: Die Aussichtsrestaurants am Rand der über 10 km durchmessenden Caldera, dem spektakulären
äußeren Rand einer gewaltigen Explosion des Feuerberges vor über 20.000 Jahren, kann man sich getrost sparen, keinesfalls auslassen sollte man dagegen die eindrucksvoll göttlichen Schutz vor dem Desaster
herbeiflehende Tempelanlage Puran Ulun Danau. Der Tempel wurde immer wieder in seiner Geschichte bei Ausbrüchen zerstört, nur um postwendend an neuer Stelle in neuer und erweiterter Form wieder aufgebaut zu
werden. Heute thront er majestätisch herausfordernd direkt über der prähistorischen Caldera – den in deren Zentrum gelegenen riesigen, grün-schwarzen Aschekegel des heutigen Batur fest im Blick. Bei
unserer Wanderung auf den Berg sehen wir den Tempel in der Ferne wachen. Voraussichtlich 2005 rechnet man mit einem neuen Ausbruch und es wird sich weisen, ob der neue Standort des Puran Ulun Danau den Balinesen
Glück bringt. Keine Zeit haben wir leider, das nur über den Kratersee zu erreichende Dorf Trunyan zu besuchen, in dessen Abgeschiedenheit sich Teile „altbalinesische“ Kultur erhalten haben sollen.
Kulturell geht es weiter: Über die schlicht gewaltigen Muttertempelanlagen von Besakhi erreichen wir das berühmte Künstlerdorf Ubud: Tempeltänze, Kunst und Kunsthandwerk bis zum Abwinken, das nahe gelegene,
sagenumwobene, in Realtität gegenüber Fotos um ein vielfaches beeindruckendere Felsheiligtum Tempaksiring, die nicht minder rätselhafte Elefantenhöhle, und und und ... . Jeder Eindruck für sich eigentlich eine
Reise wert. Einen ganz besonderen Hintergrund für uns bieten dabei die die ganze Umgebung in religiös-gestalterischen Atem haltenden Vorbereitungen zur Totenfeier der letzten Tochter des ehemaligen Königs von
Ubud:
In allen Dörfern, in die wir kommen, werden emsig konzentriert kunstvolle Opfergaben hergestellt, sowie prunkvolle Totenfiguren und Sänften – welch Energie, welch Phantasie. Nicht nur dadurch ist Ubud unsere
vielfältigste, dichteste Reisestation, natürlich touristisch, aber das hat auch sehr positiv entspannende Seiten (vergleichbar mit Yangshuo in China).
Von Ubud geht es wieder zurück nach Sanur, um hier den Urlaub mit einer - da spontan als Einzeltour gebucht nicht ganz billigen - dafür aber auch atemberaubend schönen Schnorcheltour zu der Insel Nusa
Lembogan zu beenden.
Abgetaucht!
Zu unseren Schnorcheltouren sei angemerkt: In den Reisführern wird gewarnt, wegen der starken Strömungen rund um Balis Küsten nichts „Submarines“ alleine zu unternehmen. Sieht auf den ersten „Les'“
ein wenig nach „Abzocke“ aus. Wir haben jedoch bei unseren (geführten) Gängen bei völlig ruhiger See Meeresströme erlebt, gegen die wir selbst mit Flossen keine Chance hatten anzuschwimmen und auf offenem
Meer sahen wir zahlreiche spontan auftretende Verschneidungen und Pilze – kein Seemannsgarn also. Die Reiseführer haben in diesem Punkt schlicht recht – und dieses zu bezweifeln ist neben naiver Moped-Raserei
leider die häufigsten Todesursachen unter Bali-Touristen!
Was bleibt ist, dass wirklich alle Stationen auf Bali bei uns neue und besondere Eindrücke hinterließen: fröhliche, lustvolle wie auch unheimliche Tempel, traditionelle Tänze, unterschiedlichste Zeremonien,
elegant dahingleitende Delfine und farbenfroh, fischreiche Korallenriffe, stimmungsvolle Sonnenauf- und -untergänge, vielfältig delikates Essen und wunderbare Landschaften. Einziger Wehrmutstropfen kann der
aufdringliche Andenkenhandel und die wirklich zähe Feilscherei um eigentlich alles sein – da ist Bali kaum anders als China. Ansonsten ist die Insel genau das, was eigentlich auch jeder denkt: Ein Traumziel in
jeder Hinsicht.
Sehr gute Beschreibungen und Fotos finden sich u.a. auf der Homepage:
http://www.ingrids-welt.de/reise/bali/ausw.htm
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