Copyright for all contents by Sandra and Frieder Demmer. Jede Art der weiteren Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung der Autoren.

do & don't
Fügung
In aller Kürze
do & don't
Neu in Shanghai?
China Reisetipps
TV Spezial
Kalligraphie
Surprise?
Shanghai-Links
Kontakt
S u. F. Demmer
Allgemeines

Der Mini-Knigge: Für Shanghai gilt allgemein, dass es mittlerweile so viele Bewohner mit Ausländer-Erfahrungen gibt, dass, wenn man halbwegs freundlich, höflich und respektvoll ist, man nur noch SEHR wenig wirklich verkehrt machen kann. Da Shanghai aber nicht China ist, hier einige kleine Regeln im (auch geschäftlichen) Alltag:

1.      Kleidung, Schuhe: Chinesen legen im geschäftlichen und formal gesellschaftlichen Rahmen in der Regel großen Wert auf gepflegte Kleidung - die dabei allerdings nicht immer unseren Geschmack treffen muss. Bei Privatbesuchen werden  die Schuhe an oder gar vor der Tür ausgezogen (bei der Auswahl der eigenen Socken bedenken). Der Straßendreck soll draußen bleiben. Am Eingang der eigenen Wohnung sollten aus diesem Grund für chinesische Gäste stets Hausschuhe bereit stehen. Mit Schuhen herein gebeten zu werden betrachten Chinesen nur bedingt als zuvorkommend, sondern eher als Zeichen mangelnder Haushygiene!!

2.      Begrüßungen laufen für uns gerade im geschäftlichen Umfeld oft eigentümlich formal ab - teilweise ohne ein Lächeln.  Chinesen mit Kenntnissen westlicher Kultur geben einem ggf. die Hand, andere eher nicht. Daher selbst abwarten, ob einem die Hand angeboten wird. Der Händedruck selber ist für uns meistens eher unangenehm weich. Begrüßungen in Hierarchien gehen manchmal auch mit einer angedeuteten Verbeugung einher. Die echte, tiefe Verbeugung  ist heute (nach der Kulturrevolution), ein eher japanisches Kulturgut, wurde zudem zu japanischen Besatzungszeiten für Demütigungsrituale genutzt und wird daher eher Irritation auslösen.

3.       Nach der Begrüßung werden Visitenkarten als Zeichen der Achtung mit beiden Händen überreicht und auch angenommen. Historischer Hintergrund dieser Geste: Wer beide Hände an der Karte/dem Geld/dem Geschenk hat, kann nicht zuschlagen. Am Besten überreicht man die Karte so, dass der Empfänger sie gleich lesen kann. Dieses Ritual ist ein Punkt, bei dem man mit geringem Aufwand ein wenig Entgegenkommen und Achtung beweisen kann - und nach kurzer Zeit wird einem diese Geste auch nicht mehr völlig steif und aufgesetzt von den Händen gehen – denken Sie stets an den Hintergrund: Ich komme in Frieden, Du sollst wissen wer ich bin. Es gibt zudem einen wichtigen kommunikativen Effekt. Ich muss mich einer Person, der ich mit beiden Händen etwas überreiche, vollständig zuwenden. Und es gibt tatsächlich wenig Wichtigeres im chinesischen Leben, als sich Personen aufmerksam zuzuwenden. Die Visitenkarte sollte kurz studiert werden. Da viele Chinesen sehr  hierarchisch denken ist es wichtig ein angemessenes Bild vom Rang seines  Gegenübers zu haben und diesen Rang angemessen zur würdigen. Eines noch: Eine echte Legende ist, dass der Austausch der Visitenkarte, bzw. die Frage ob man es mit ein oder zwei Händen tut, einen substanziellen Einfluss auf die Beziehung hat. Es ist eine Geste, mehr nicht.

4.      Es folgt Smalltalk, und genau dieser kann tatsächlich enorm wichtig werden. Aufmerksam zuhören! Es kann um Unterbringung und Reise gehen - aber vor allem auch auch um Fragen nach Familie, Alter und gar Verdienst werden nicht zwingend als taktlos angesehen. Beim Verdienst kann man  aber durchaus sagen, dass darüber zu sprechen bei uns unüblich ist. Häufig erfährt man in diesen Gesprächen entscheidende Details darüber, was sich eine neue Bekanntschaft oder ein Geschäftspartner persönlich von der zukünftigen Beziehung erwartet.

5.      Der Begriff des "Gesichtes" wird vielen schon begegnet sein. Grundsätzlich beschreibt das “Gesicht” eine Art virtuellen Rang in der Gesamtheit, der eng mit der Selbstachtung  verbunden ist. Der Chinese verliert sein "Gesicht" in dem Moment, wo in einer Situation Position, Rang und Stellung in der Gesellschaft in Frage gestellt werden:

Der hohe Manager, der vom niederen Angestellten in Anwesenheit anderer  korrigiert wird. Der hohe Manager dessen Angestellter direkt, ohne Aufforderung den Gast anspricht, in die Verhandlungen eingreift.
Der niedere Angestellte, dem öffentlich Versagen vorgeworfen wird.

Schon die Art wie man Verhandlungen oder einen Arbeitsprozess einleitet  werden von Rang- und Gesichtswahrungen begleitet.
Kleines Beispiel:

Ein Respräsentant soll neu eingeführt werden. Um die Bedeutung dieses Schrittes den Chinesen gegenüber zu untermauern kommt der deutsche Geschätsführer  zur Einführung des  Repräsentanten mit nach China. Zuerst bespricht er mit den chinesischen Partnern den ganzen Prozess und stellt ihnen dann den neuen Mann als einen seiner herausragenden Mitarbeiter vor. Der bedankt sich erfreut, nicht ahnend was gerade passiert ist. Tatsächlich hätte  sich sein Chef nur kurz vorstellen und durch seinen Rang dem Treffen Gewicht verleihen sollen und dann  ausdrücklich für alle die tatsächliche Arbeit betreffenden Dinge an den Repräsentanten übergeben - oder diesem das Wort von Anfang an geben sollen: Jetzt sind die Chinesen überzeugt, dass der Repräsentant keine eigene Handlungsvollmacht hat. Er wird nicht ernst genommen werden.

Um das des eigene Gesicht zu wahren bleibt man am besten erst einmal ruhig und zurückhaltend, aber nur so lange es erträglich ist. Wie sagte uns der ehemalige dpa-Vertreter in Shanghai angesichts eines Emotionsausbruches: ”Da habe ich  wahrscheinlich wieder 1000 Gesichter verloren - aber letztlich hatte ich eh von vorne herein keines... .". Grundsätzlich werden Gefühlsausbrüche, insbesondere Schreien nicht geschätzt. Aber auch zwanglose Kumpelhaftigkeit löst eher Irritation aus. Mensch sein, schauen wie weit der andere geht und darauf halbwegs natürlich reagieren ist der empfehlenswerteste Weg.

6.      Geschenke - wenn Geschäftsgeschenke dann richtige - in welche Richtung diese gehen sollten, darüber erfährt man am meisten im erwähnten “Smalltalk”,  wie gesagt, der ist wichtig. Geschenke sollten einen  gewissen Wert haben und den sollte man ihnen (mindestens anhand der Marke)  ansehen. Viele Chinesen sind sehr offen für Kitsch - wenn es edler Kitsch  ist. Geschenke (wie u.a. auch Geld) werden mit beiden Händen überreicht und in aller Regel NICHT geöffnet - das erspart im Zweifelsfall mindestens einer Partei einen Gesichtsverlust in zu großem  Rahmen. Geschenke sollte man auch im privaten Rahmen mindestens ein- bis zweimal ablehnen - alles andere wirkt gierig. Dementsprechend müssen Sie auch hartnäckig bleiben, wenn Sie chinesischen Bekannten z.B. einen Snack anbieten: Dreimal nachfragen ist vollkommen angemessen, und nicht etwa aufdringlich!!

7.      Essen: Regel 1: Lerne mit Stäbchen essen! Zum einen aus Rücksicht ,zum anderen weil es in vielen Restaurants kein westliches Besteck gibt. Was das Stäbchenessen sehr erleichtert ist die Tatsache, dass man sein Schüsselchen/Tellerchen jederzeit bis direkt unter den Mund führen darf. Obwohl Chinesen allgemein für unser Empfinden wenig bis gar keine Tischsitten zu haben scheinen, sei darauf hingewiesen, dass Chinesen es ungern sehen, wenn Essen in die Hand genommen wird
Im Restaurant zahlt immer nur eine Person,  was in ausdauernden Redegefechten ausdiskutiert werden kann - wobei in der Regel schon vorher klar ist - wer letztlich zahlt (bei formalen Anlässen die Person die zentral mit direktem Blick zur Tür vor einem aufdekorierten Glas sitzt). Um sich die Gefechte zu ersparen kann man z.B. schon vorher ein Menü bestellen und auch im Voraus zahlen. Aufgetragen werden diverse Einzelgerichte von denen sich dann alle bedienen dürfen. Es sollte MINDESTENS ein Gericht mehr geordert werden als Gäste am Tisch sitzen.  In der Regel wird nach ein paar Vorspeisen mit den teuren und mächtigen Gerichten begonnen. Am Schluss kommen weißer Reis (den kann man aber auch schon vorher ordern) und Suppen (Vorsicht: Bei Huhn und Ente im Tontopf schwimmt irgendwo der Kopf! - was nichts daran ändert, dass dies in aller Regel FABELHAFTE Suppen sind). Die Tischmanieren sind kein Problem, weil sie existieren für unser Empfinden nur rudimentär, bzw. sind dann wieder regional so speziell, dass es hoffnungslos ist, sie sich für einzelne Anlässe zu merken. Auch der höchste Manager wird sich aber nicht scheuen einen  abgenagten Knochen direkt neben den Teller zu spucken. Tatsächlich berühren die Chinesen ihr Essen jedoch selten mit den Fingern. In feinerem Rahmen sollten extra Löffel oder Stäbchen benutzt werden, um Gerichte von der Tischmitte ins eigene Schüsselchen zu befördern - in den meisten Fällen wird jedoch einfach direkt mit den Stäbchen zugegriffen.
Ansonsten: Es sollte immer etwas auf den Tellern der Gerichte zurück bleiben - alles andere heißt: Es war zu wenig! Zuweilen heißt es, die Bestellung von Reis sei bäuerlich. Das gilt jedoch vorrangig, wenn nicht genügend andere, feine Gericht geboten sind.
Das Essen wird abgeschlossen mit Obst.

Beim gemeinsamen Trinken, dass im Kern ein Vertrauensritual ist, bedeutet der Ausruf "Ganbei" (trockenes Glas) in der Regel, "auf Ex", was aber nicht mit letzter Konsequenz eingehalten wird. Chinesen vertragen in der Regel weniger Alkohol als Europäer. Eine manchmal praktizierte Taktik ist daher, Westler mit zahlreichen einzeln vorgetragenen "Ganbeis" in der Masse in Grund und Boden zu trinken. Auch ist nicht auszuschließen, dass der Gegenueber statt des klaren ”Bai Jiu” mit bis über 50%, nur klares Wasser im Glas hat. Eine Möglichkeit der Verteidigung ist, sich stets neben dem eigentlichen Trinkglas auch Bier in das Schnappsglas zu füllen und damit anzustoßen - ein chinesischer Kniff, der, wenn angewandt, mit einem Augenzwinkern quittiert wird. Manche Geschäftsleute geben sich  von vorne herein als  Antialkoholiker aus, was dann akzeptiert wird - wie im Übrigen jede Ablehnung  einer Speise, so lange sie höflich (die Ehre diese Spezialität geboten zu bekommen betonend)  erfolgt, problemlos akzeptiert wird - Chinesen sind sich sehr bewusst, dass manche ihrer Speisen nicht jedem, und das heißt insbesondere auch nicht jedem Chinesen schmecken.  Grundsätzlich kann man in guten Restaurants ALLES noch so seltsam Aussehende guten Gewissens probieren und meistens lohnt sich das auch.
Getränke werden IMMER nachgeschenkt/sollten immer nachgeschenkt werden. Man hört auf zu trinken, indem man das annähernd volle Glas stehen lässt.

Es geht wie erwähnt nie darum, Ihnen im betrunkenen Zustand irgendwelche geschäftlichen Zusagen abzuringen - es geht darum, zu erleben, wie authentisch und damit vertrauenswürdig sie sind. Bleiben Sie auch betrunken derselbe Mensch, oder kommen ungeahnte Seiten zum Vorschein.

Ist das Essen beendet wird in der Regel recht zügig aufgestanden und  der Abend woanders fortgesetzt.

8.      Nachtleben - Karaoke: Geschäftliche Einladungen in Karaoke-Bars sind  üblich und man sollte auch mal ein Lied zum Besten geben. Allen anderen potentiell gebotenen Verlockungen  der Nacht muss jeder nach eigenem Gusto ent- oder zusagen, sollte dabei gesundheitliche Risiken jedoch nicht aus den Augen verlieren, sowie das Thema der Erpressbarkeit.

9.      Guanxi: Guanxi - Beziehungsnetze sind das Lebenselixier chinesischen Gesellschaftslebens. Chinesen bieten Westlern dementsprechend gerne  "Freundschaft" an. Chinesische Freundschaft ist jedoch primär ein Pflichtverhältnis: Der Freund nimmt auch die Tochter zum Studium auf,  besorgt westliche Güter, etc.. Deswegen sollte man selbst den Begriff "Freund" anderen gegenüber möglichst vermeiden - oder wenn man ihn  gebraucht sich nicht wundern, wenn sich früher oder später mehr oder weniger offene Anfragen oder Forderungen anschließen. Aus diesem Grund sollte man bei privaten Abenden auch vorsichtig sein, wenn man in sehr edle Restaurants eingeladen wird, oder sonstig materiell  Außergewöhnliches angeboten wird.

10.  Verhandlungen: In China sollten Sie als Delegation stets KLARE Absprachen untereinander  treffen, wer, was und wann sagt, offene Diskussionen vor dem Verhandlungspartner sind zu vermeiden, dann lieber vertagen. Wer sich von einer chinesischen Delegation auseinanderdividieren lässt, hat schlicht und einfach verloren. Zudem sollten Sie mit Chinesen wenn irgend möglich nicht alleine verhandeln. Das Auftreten in der Gruppe ist kein Zeichen von Schwäche sondern von Aufmerksamkeit - vier Augen... .

11. Verabredungen, Absprachen, Verträge: ... sind nur Momentaufnahmen eines im Fluss befindlichen Vorganges, der den Einflüssen des in China nach wie vor sehr wechselvollen Alltags unterliegt: Die zufällige Begegnung mit einem Bekannten, der gerade was braucht, wird einen Handwerker jede Vereinbarung mit irgendeinem Ausländer unmittelbar vergessen lassen. Der Manager der einen Vertrag über eine Lieferung zu einem bestimmten Termin unterschreibt, besagt damit nur, dass er Willens wäre, es zu versuchen - selbst wenn er weiß, dass es unmöglich ist. Daher kann es hilfreich sein, Termine und Bedingungen erst einmal von der chinesischen Seite vorgeben zu lassen - das beeinträchtigt nicht die Vorläufigkeit der getroffenen Aussagen, in der Regel sind diese Selbstauskünfte jedoch näher an der Realität. Wenn der Kunde sagt: “Ich brauche am... “, dann wird der chinesische Geschäftsmann fast immer: “Mei wenti.” entgegnen: “Kein Problem.” - was heißt: “Ich habe kein Problem damit, dass Du das so willst. Ich meine, wir beide wissen doch, dass der Termin völliger Quatsch ist...”

 

 

 

Im Aufbruch? Gute Hilfen zur Vorbereitung daheim:

[S u. F. Demmer] [Allgemeines] [Shanghai Tagebuch] [Wohnen in Shanghai] [Arbeiten in Shanghai] [Leben in Shanghai] [Unterwegs in China] [Bilder]

Frieder Demmer: China-Beratung, Training, Coaching