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S u. F. Demmer
Shanghai Tagebuch
Januar 2003

Nimen hao liebe Freunde,

 wieder ist ein Jahr vergangen - oder besser gesagt: nun ist wirklich ein Jahr vergangen, fuer uns das erste Jahr, das wir - mit kleinen Unterbrechungen natuerlich - ganz in China verbracht haben. Am irritierendsten immer wieder die Vorstellung, so gar nichts gewusst zu haben - die Vorstellung, WIE unbekannt uns dieses riesige Land vor so relativ kurzer Zeit noch war  (ganz davon abgesehen wie fremd uns vieles noch immer ist). Aber das soll uns nicht laenger aufhalten, denn es gibt viel zu erzaehlen aus der Gegenwart.

Lagen wir letztes Jahr zum Jahreswechsel am suedlichsten Punkt Chinas bei +25 Grad auf der Insel Hainan unter Palmen, verschlug es uns diesmal an einige der kaeltesten Punkte im Norden Chinas bei eben solchen Minustemperaturen: Skifahren in Yabuli, Eisskulpturen in Haerbin und (sicher am beeindruckendsten) Drachenbootrennen in Jilin. Mehr zu diesem Urlaub, zu Frieders Besuch in Nanjing findet ihr im Anhang, einige Bilder auch auf unserer homepage, die zudem bei den Reisetipps und sonstigen Hinweisen unter "Allgemeines" erweitert wurde (
www.sandraundfrieder.de).

Weihnachten selbst verbrachten wir noch in Shanghai - zum ersten mal zu zweit in unseren (ok, mehr oder minder...) eigenen vier Waenden. In China, zumindest in den groesseren Staedten, laeuft Weihnachten eher unter der Kategorie Kitsch und Vermarktung und hat fuer die wenigsten eine tiefergehende Bedeutung. Fuer die junge Generation ist es ein willkommener Anlass fuer schrille Parties. Mit Weihnachtspaeckchen von unseren Eltern aus Deutschland und den Mitbringseln von unseren Ulmer Freunden (ja, wir hatten noch ein  paar Tage einen lieben vorweihnachtlichen Besuch von Matthias) und vielen anderen Kleinigkeiten war unsere Wohnung aber vielleicht weihnachtlicher als jemals in Deutschland. Unser folgendes Weihnachtsmenue wird euch auch davon ueberzeugen, dass wir hier keinesfalls darben muessen, und im Grunde unseres Herzen doch noch deutlich mehr Europäer als Chinesen sind:

Aperitiv: Sekt:

Vorspeise: Gebackenes Täubchen auf Feldsalat und Cherrytomaten mit Balsamico und Walnusskernen.

1. Gang: In frischen Dill gewickelt (Frieders ganz persönliche und weiter zu empfehlende Idee) gebackene, anschließend in Knoblauch/Basilikum/Dill-Öl  abgebräunte Riesenscampi mit Brot

2. Gang: Mit Basilikum-Senf bestrichene Blattspinat-Huhn-Käse-Röllchen an einer Butter-Weißweinsauce. Dazu Grüne Bohnen in Knoblauchbutter und Chinesische Nadelpilze in  Austern-Soja-Marinade.

Das war das beste, was wir uns jemals selber gekocht haben (gut - die  Taeubchen waren fertig gebacken - fuer 25 Cent das Stueck kann man das nicht selber machen...).

Am Morgen des 25., dem Tag unseres Abfluges, lagen dann tatsaechlich ein paar Schneeflocken auf unserer Terrasse - wahrscheinlich die einzigen, die wir diesen Winter in Shanghai zu Gesicht bekommen werden - wobei es aktuell gerade mit -6 Grad richtig bitter kalt ist.
Daher: beim Drachenboot ist Winterpause angesagt, trotz unseres Haertetests in Jilin. So koennen wir nun auch sonntags mal ausschlafen und vergnuegen uns mit unserem Team bei so schoenen Dingen wie Sonntagsbrunch, einem Besuch bei den Shanghai Sharks (Basketball) oder eigenen Versuchen den Ball in den Korb zu bekommen.

Auf der Arbeitsseite konnte Frieders HRO eine ausgesprochene gelungene Generalprobe fuer den entwickelten Persoenlichkeitstest feiern: Eine chinesische Firma, mit der eine Entwicklungskooperation vereinbart war, war von der Genauigkeit der Ergebnisse und daraus abgeleiteten Empfehlungen der fuer eine Personalentwicklungsrunde sowie Neueinstellungen durchgefuehrten Tests (15) so begeistert, dass sie sofort eine zweite Runde geordert hat. Nun hofft Frieder natuerlich, dass ein aehnliches Projekt bei einem deutschen Mittelstaendler ebenso erfolgreich verlaeuft.

Ausserdem hat er in Nanjing Sheraton seinen ersten frei in Englisch gehaltenen, 90-minütigen Vortrag mit Diskussion erfolgreich hinter sich gebracht.

Die Deutsche Schule durchläuft bezueglich des Neubaus gerade eine Achterbahn der Gefuehle, da ein angeblich tolles neues Grundstueck ploetzlich doch nicht mehr zur Verfuegung stand - NACHDEM das urspruengliche unwiderruflich gekuendigt war. Nun bleibt einn Drittes Grundstueck - und genau das war wohl auch Hintergrund des ganzen Manoevers, das ein weiteres Mal verdeutlicht hat, dass Geschaefte machen in China SEHR unlustig sein kann, da man dem Geflecht der Beziehungen immer wieder hilflos ausgeliefert ist.

Was tut sich sonst in Shanghai? Dass der Transrapid seine Testfahrt  gluecklich ueberstanden hat, werdet ihr alle wissen. Dass alles, bevor die hohe Priominenz kam, erst einmal mit tonnenweise Reissaecken getestet wurde, drang vielleicht nicht bis nach Deutschland durch. Regulaer wird er uebrigens erst in etwa einem Jahr in Betrieb gehen, vorerst gibt es nur wenige Wochenendfahrten, die Tickets fuer die nachsten Wochen waren im Nu ausverkauft - aber über ein paar Siemensecken hoffen wir sehr, noch in den Genuss einer Fahrt zu kommen. Wahr ist übrigens, dass die Endhaltestelle des Transrapid noch nicht im Stadtzentrum, sondern wiederum an der Endhaltestelle der U-Bahn liegt - so gesehen ist das Ganze zur Zeit noch mehr ein PR-Gag, denn ein logistischer Fortschritt. Spaeter soll die Trasse aber direkt ins Herz der Stadt fuehren.
2010 richtet Shanghai die Expo aus - wahrscheinlich ein Grund fuer uns, wieder mal zu unserem jetzigen Wohnort zurueckzukehren, denn es wird sicher ein gigantisches Ereignis. Ausserdem wird hier eine Formel 1 Strecke gebaut und ein Vivendi-Universal-Theme-Park. Und schon teilweise in Betrieb ist eine Skihalle - vielleicht weniger bedeutend als all die anderen Ereignisse, aber fuer uns doch ganz witzig.
So macht Shanghai seinem Ruf als Boomtown alle Ehre, und in seiner Gegensaetzlichkeit ist es fuer uns nach wie vor ein sehr spannender Ort zu leben. Einige haben vielleicht den Spiegelartikel gelesen, er gibt einen sehr guten Einblick in all die Dimensionen von Leben, die hier existieren, aufeinandertreffen und sich staendig veraendern.Wir hoffen, dass es China weiterhin schafft, die immer groesser werdende Spanne zu bewaeltigen, sicher weiterhin die groesste Herausforderung fuer dieses erstaunliche Land.


Ansonsten bereiten sich die Chinesen auf das bevorstehende Neujahrsfest  vor, das am 1. Februar stattfindet. Gerechnet wird hier nach dem Mondkalender, und so liegt es jedes Jahr - nach unserem Kalender -  auf einem anderen Termin. Es ist knapp vor dem Mondfest das groesste Fest hier, vor allem ein Familienfest, vergleichbar mit Weihnachten bei uns. Die Firmen sind in der Regel fuer eine Woche geschlossen, und tagtaeglich sind, ueber vier Wochen hinweg, etwa 40.000.000 Menschen unterwegs, um dieses Fest zusammen mit ihren Verwandten zu verbringen. Eine echte logistische Herausforderung. An den Ticketschaltern der Bahnhoefe stehen hunderte (!) von Metern lange Schlangen - sehr geordnet, was kaum zu glauben ist, wenn man das sonstige Gedraenge kennt. Ueberall werden zudem rote Lampions und andere Gluecksbringer aufgehaengt. In den Geschaeften und auf den Strassen herrscht viel Trubel, um Geschenke einzukaufen. Viele Restaurants sind fuer den Vorabend des neuen Jahres schon Wochen vorher ausgebucht, da es immer ueblicher wird, an diesem Abend nicht mehr zu Hause zu kochen. Wenn man dann doch zu Hause kocht sollte es Fisch geben, und zwar unbedingt mit Kopf und Schwanz - "you tou, you wei", hat in China eine aehnliche Bedeutng hat wie bei uns "hat Hand und Fuß" - so ein Fisch an "Sylvester", dann kann das Jahr eigentlich auch nur noch eine "runde" Sache werden - und jetzt hören wir auf bevor uns die Bilder ganz entgleiten ;-).
Zurueck zum Neujahr: Fehlen duerfen natuerlich nicht die Knaller und Feuerwerke,  in Dimesionen und Lautstaerken, wie man sie sich in Deutschland kaum vorstellen  kann.
Im Zusammenhang mit dem Neujahrsfest muessen wir auch noch unsere vorweihnachtlichen Gruesse etwas korrigieren. Es ist naemlich in Mittenland ein Streit darueber entbrannt, ob das kommende Jahr nun das Jahr der Ziege oder des Schafes ist. Das heutige Schriftzeichen "yang" steht naemlich fuer beide Tiere. Und so waren die Sprachwissenschaftler gefragt: Entschieden hat man sich letztlich fuer das Schaf, da frueher das Schriftzeichen nur fuer das Schaf verwendet wurde, und auf alten Zeichnungen auch immer nur Schafe, nicht aber Ziegen abgebildet waren.
So hoffen wir, dass wir nun richtig liegen, und wuenschen euch alles Gute im Jahr des Schafes, und natuelich auch im schon angebrochenen Jahr 2003!

Viele Gruesse

Eure Sandra und Frieder 

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Frieder Demmer: China-Beratung, Training, Coaching