|
Guilin: das China, das jeder kennt – und völlig zu Recht!!
Für Frieder war es der China-Traum schlechthin, ein echter Teil der Motivation nach Shanghai zu gehen: Einmal die Berge von
Guilin sehen! Dass dieser Traum schon jetzt wahr geworden ist, wird seinen weiteren Aufenthalt sehr entspannen: Das Wichtigste ist geschafft ;-)
|
Guilin ist eine chinesische Mittelstadt mit rund 1.300.000 Einwohnern in der südchinesischen Provinz Guanxi gelegen. Weil das so die geografische Höhe von
Assuan oder auch Karachi ist, dachten wir: Ein perfektes Ziel, um der Winter-Feucht-Kälte Shanghais zu entfliehen. Welch’ mittelfreudige Überraschung, als uns der Pilot beim Landanflug dann eröffnete: “Ground-Temperature 7oC” – am nächsten Tag waren es dann gerade noch
zwei. Folgenden, leider nur in der Einleitung des Lonely-Planet-Guides (LP) auf Seite 48 über das Winter-Klima Süd-Chinas zu findenden Satz legen wir daher allen evtl. NachfolgerInnen
dringlichst ans Herz: “...temperature statistics don’t really indicate just how cold it can get, so bring in warm clothes...” – unser erster Weg
führte uns dementsprechend nicht in irgendwelche Landschaftsparadiese sondern direkt in einen Supermarkt zur langen Unterwäsche!
Auch das erste Hotel, in das uns ein sehr bemühter und letztlich (leider) überzeugender Scout brachte, bewies uns leider zunächst ein weiteres Mal, dass
Reisen in China einfach tückisch sein kann: Die gewaltige Baustelle mit irgendeiner einen durchdringend vibrierenden Lärm erzeugenden Maschine stoppte natürlich
nicht um 7:00 Uhr – oder meinte er 7:00 Uhr morgens? Egal, weil da stoppte sie auch nicht... . Auch die nachdrückliche Auskunft: “24h-Hot-Water” war wohl auf den Monat bezogen - wir hatten auf jeden Fall keines.
Also am nächsten Tag in ein neues Hotel. Sehr schönes Zimmer, heiße Dusche, zentral gelegen, nicht viel teurer als das andere, toll – dachten wir, bis wir abends
die Heizung einschalten wollten. Naja – bringen wir es so zu Ende: die Betten waren schön, die Decken waren dick und es gab nochmals Discount... .
Von unseren ganz persönlichen Hotelklippen abgesehen präsentiert sich Guilin als sehr ausgewachsene und sehr routinierte Touristenstadt mit großen, von Parks
umgebenen Seen, tollen abendlichen Essensmärkten entlang der leuchtreklamenglitzernden Hauptstrasse und unterschiedlichsten, schönen Restaurants. Auch ein 24h-Internetcafee gibt es. Was die Restaurants betrifft, sind die teilweise am Eingang positionierten Käfige mit Schlangen und
Buschratten allerdings sicher nicht für jeden appetitanregend... ;-). Wir waren an zwei Abenden in einem auch im LP zu findenen Sezchuan-Restaurant mit schöner Holzausstattung, das seinem guten
Ruf makellos gerecht wurde: Wirklich sehr leckeres chinesisches Essen und unkomplizierter, englischer Service bei moderaten Preisen. Am Rande sei erwähnt, dass die südchinesische Küche
irgendeine Zutat verwendet, die einen für uns leider nicht wirklich appetitanregenden Duft verbreitet – wir konnten nicht klären was, aber es scheint nicht schädlich zu sein.
Die (Kormoran-)Fischer auf dem Lijiang, der 7 Hügel in der Formation des Siebengestirns umfassende “7-Star-Park” mit “Camel-Hill” und einem vermutlich
schwerst drogenabhängigen Riesen-Tiger für Fototermine, eine einen der zwei weiteren einzeln aus der Stadt aufragenden Hills durchflechtende
1000-Buddha-Höhle (es sind nur gaanz knapp nicht ganz so viele – aber es ist sehenswert) und die mit farbiger Beleuchtung zu einer Zauberwelt
verwandelte Red-Cave-Tropfsteinhöhle waren unsere Guilin-Highlights. Den “Elephant-Hill”, Guilins Wahrzeichen, ein am Wasser gelegener Hügel, der wie ein trinkender Elefant aussehen
soll, fanden wir dagegen weniger prickelnd. Tatsächlich sind die berühmten Hügellandschaften von Guilin ausgerechnet in Guilin gar nicht so beeindruckend. Kurz, Guilin ist einen zwei-drei und es seien
auch vier Tage Aufenthalt in jedem Fall wert, aber dann nichts wie nach Yangshuo, einem von drei ausdrücklichen West-Backpacker-Paradiesen in China. Und es hat diesen Paradies-Ruf
uneingeschränkt verdient. Von wegen Rucksacktouristen: Für Menschen, die auf diese Weise unter den wirklich schwierigen Bedingungen des ländlichen China
gereist sind, muss Yangshuo wie eine Offenbarung sein. Ausgehend von vielen preisgünstigen und dabei soliden bis wirklich heimeligen Unterkünften, durchgehend englischem Service, Pubs, Bars, Internetcafes kann man sich mit Boot (20-60 RMB p.P), Mountainbike (2,50 DM pro Tag!!!) und allen nur
denkbaren Verkehrsmitteln, mit oder ohne Führer in eine Landschaft begeben, die einen je nach Richtung und Ausgangspunkt nach spätestens 10 Minuten in rückhaltlos fassungslose Begeisterung
verfallen lässt. Was man sich vorher nicht klar macht – letztlich auch gar nicht vorstellen kann, ist, dass die Karstberge von “Guilin” nicht ein einzelner “Scenic-Spot” sind, sondern sich über mehrere hundert
Quadratkilometer ausbreiten. Zahlose Zuckerhüte, Kegel, Zylinder, Tiergestalten, Bögen und Pfeiler reihen sich aneinander, teils nur von meterbreiten
Furten getrennt, teils spiegelnde Fischteiche und Reisfelder umrahmend, stets umspielt von Bambus und Zuckerrohr. Es ist manchmal ein Gefühl, als hätte Gott
mal so angefangen und dann vor lauter Freude einfach nicht mehr aufhören können.
In Yangshuo steht man aber auch wieder teils fassungslos vor der Spanne der Lebenswelten Chinas. So wenn vor urigen Lehmziegelhöfen der Hühnerhabicht
seine Beute schlägt und Frauen im Winter bis zu den Knien barfuß im Morast stehend Reis umpflanzen – die Lehmziegelhütten aber Satellitenantennen haben.
Manche Menschen behaupten ja, Yangshuo sei nicht China. Dem ist entgegen zu halten, dass diese Leute nicht wirklich in Yangshuo waren: Es gibt genau drei
Strassen, die wirklich touristisch sind (und selbst die sind natürlich China, nur eben China für Touristen), der Rest ist aber China pur und der etwas verdeckt in den Rückgebäuden zweier
Touristenwege liegende Tiermarkt holt einen mit flatternd, blutspritzend geschächteten Gänsen vor zum Enthaaren im Topf liegenden Hunden sowie mit dem Bunsenbrenner
gerösteten Schweineteilen aber in Sekunden aus den letzten romantischen Höhen
zurück auf den Boden südchinesischen Alltags. Angemerkt sei dazu: Die Chinesen akzeptieren, dass für jedes Stück Fleisch ein Tier sterben muss und sie haben daher auch kein Problem
damit, wenn es das neben ihrem Teller tut. Das scheint uns nicht barbarisch sondern schlicht realistisch. Davon abgesehen: wer das anders sieht (oder auch wie Sandra
theoretisch beipflichten kann, aber die praktische Erfahrung nicht zwingend braucht) sollte Yangshuos Märkte definitiv und konsequent meiden!
Ansonsten ist Yangshuo ein China-Muss, ein uneingeschränkter touristischer Genuss.
|